Als wir heute morgen aufwachten, hörten wir immer noch den Regen auf die Wellblechdächer der Nachbarhäuser tropfen. Ich mag eigentlich das Geräusch von Regen, aber dieser Regen verhieß nichts Gutes, denn heute stand die Besichtigung des Schlosses von Edward James auf dem Plan. Doch bevor wir das Schlimmste annahmen, widmeten wir uns erst einmal dem Frühstück. War das Abendessen recht deutsch gehalten, so konnten wir zum Frühstück wirklich ein einfaches mexikanisches Essen genießen. Es gab Papaya und Melone, süße Brötchen, Rührei oder Spiegelei, Bohnen und Tortillas. Das Rührei war recht scharf, in meinem Essen hatte sich sogar ein rote Chili verloren, die ich leider komplett erwischte und mir dabei fast die Zunge vebrannte. Alles in allem war das Frühstück recht lecker, auch wenn es leider etwas spät serviert wurde, so das wir erst um 10 nach 8 aufbrechen konnten.
Bei der Abfahrt ist es etwas merkwürdig, das Kai noch immer nicht weiß, wieviele Personen wir sind. Andere Reiseleiter zählen beim Einsteigen die Personen und wissen dann sofort, wann es losgehen kann. Kai ist dazu übergegangen, uns zu fragen, wer fehlt und ob wir losfahren können.
Im Bus ist er diesmal so ehrlich, uns gleich die richtige Fahrtzeit nach Xilitla zu sagen. 2 Stunden Busfahrt stehen auf dem Programm. Als wir losfuhren, war das Wetter zum Glück trocken, doch kaum hatten wir Jalpan verlassen, setzte zunächst der Nebel und dann leichter Regen ein.
Salvatore hatte heute keine leichte Aufgabe. Er benötigte seine ganze Konzentration, um den Wagen mit uns 14 Personen sicher durch den Nebel zu bringen. Dazu mußte er über eine sehr holprige Straße fahren, die zusätzlich zu den vorhandenen Unebenheiten immer wieder mit künstlichen Geschwindigkeitsbremsen ausgestattet war. Diese Bumper liessen jedesmal das Laptop in die Luft fliegen, während ich auf der Rückbank des Busses versuchte, die letzten Tage im Blog nachzupflegen. Es war kein leichtes Schreiben, aber was tut man nicht alles für seine Leser.
Wir fuhren an saftig grüner Vegetation vorbei und tauchten immer tiefer in den Regenwald ein, es ging vorbei an Bergen und tiefen Tälern, von denen wir aufgrund des Nebels und des Regens nicht allzu viel sahen. Nur dass es draußen grün war, konnten wir erkennen.
Wir erreichten die Zona de Niebla, die Nebelzone und fuhren fast augenblicklich in einen dicken Nebel hinein. Salvatore ging mit der Geschwindigkeit auf ca. 40 km/h herunter. Vorsichtig war er wirklich, das mußte man sagen. Uns im Bus störte das Wetter im Moment noch wenig, die meisten unterhielten sich untereinander und bekamen recht wenig mit. Hildegard ging es leider nicht ganz so gut. Sie hatte bereits gestern während der ständigen Serpentinenfahrt über Übelkeit geklagt. Heute war das nicht viel besser.
Aber nach 2 Stunden war die Fahrt vorbei und wir erreichten den Ort Xilitla und mit ihm den Beginn der Zufahrt zum Schloss. Hier teilte sich die Gruppe in zwei Teile. Einige zogen es vor, wegem dem Regen lieber komplett mit dem Bus bis zum Schloss zu fahren, die anderen, bestehend aus Sibylle, Linda, Kerstin, Sebastian, Jörg und mir wollten lieber etwas länger wandern und gingen zu Fuß. Kai führte uns.
Unterwegs kamen wir dem Regenwald sehr nah, die Blätter und die gesamte Vegetation wurde immer größer, immer gewaltiger. Wir sahen riesige Bananenblätter und unreife Papayas an den Bäumen hängen.
Nach etwa 20 Minuten kamen wir am Schloss an, wo die anderen schon auf uns warteten.
Im Regen begannen wir die Führung durch die skuril wirkende Anlage eines exzentrischen englischen Milliardärs, der von einem König abstammte. Unser mexikanischer Führer Fred machte seine Sache sehr gut. Er schien Spaß daran zu haben, uns durch die Anlage zu führen und alles zu zeigen.
Der Engländer Edward James hatte mitten im mexikanischen Regenwald eine Reihe von Gebäuden errichtet, die in ihrer Architektur an Gemälde von Dali und Picasso erinnerten. Die Gebäude waren zum Teil halb fertig und hatten seltsame Formen, die an Pflanzen aber auch an Flugzeuge und U-Boote erinnerten. Man sagte, Edward James sei nur mit einer um den Leib gewickelten Rolle Toilettpapier durch sein Schloss gelaufen. Wenn man sich die im surrealen Baustil errichteten Gebäude so anschaut, dann kann man das schon glauben.
Wir fühlten uns in dieser Anlage sehr wohl, auch wenn alles etwas merkwürdig aussah.
Aber es war äußerst faszinierend und wir fühlten uns dem Regenwald so nah. Es störte überhaupt nicht, dass es die ganze Zeit leicht regnete.
Es gab auch einen der Öffentlichkeit zugänglichen Teil des Schlossparks. Hier befand sich ein Wasserfall, in dessem Auffangbecken man wunderbar hätte baden können. Zwei mexikanische Touristen nutzten dies auch aus.
Nach etwa 2 Stunden mussten wir die Anlage verlassen. Zunächst gingen wir in ein Restaurant, direkt neben dem Schloss, und tranken eine Kleinigkeit. Dann zeigte Kai uns noch den Zugang zu einem weiteren Wasserfall. Es kamen nicht alle mit. Neben der Wandergruppe von heute vormittag waren nur noch Irmi und Wolfgang mit dabei, zum Wasserfall zu gehen. Dieser Weg war fast noch schöner als der Rundgang im Schloss. Wir befanden uns im dichten Regenwald, mußten uns über rutschige Steine bewegen und aufpassen, das wir nicht ausrutschten. Die gewaltigen Blätter hingen von den Bäumen herunter und mußten teilweise zur Seite geschoben werden. Es war wie auf einer spannenden Abenteuerexpedition.
Nach etwa fünf Minuten durch dieses Areal erreichten wir den Wasserfall. Er war bei weitem noch schöner als jener im Park von Edward James!
Als wir dann wieder beim Bus ankamen, wollten die anderen wieder zurück ins Hotel. Es war aber erst 14:30 und man hatte uns laut Plan von Papaya zugesichert, das wir den Nachmittag im Schlossgarten von Edward James zubringen konnten. Außerdem war gestern die lange Wanderung ausgefallen.
Leider schien Kai wieder das Programm nicht zu kennen; er meinte, es geht laut Plan zum Schloss und dann wieder zurück ins Hotel. Aber wir hatten uns diese Reise ausgesucht, weil sie sehr nach Natur und Bewegung klang, weil mehrere lange Wanderungen auf dem Programm standen. Diese Wanderungen würden wir gerne machen. Leider war Kai überhaupt nicht in der Lage, in dieser vertrackten Situation irgendeine Hilfe zu sein. Er hielt sich komplett raus und lies uns einfach machen. Linda hatte von dem Mann, der uns im Restaurant bedient hatte, herausgefunden, das es noch einen Wasserfall gab, der nur 450 Meter entfernt sei. Diesen wollten wir uns noch anschauen. 450 Meter würden wir ja auch schnell gehen können.
Eigentlich wäre es Kais Aufgabe gewesen, sich um so etwas zu kümmern und ggf. für die Reisenden, die nicht weiter wandern wollen, ein Alternativprogramm anzubieten. Aber Kai hatte nicht gewußt, was man hier machen konnte, er hatte sich nicht damit auseinandergesetzt. Wir fragten Kai noch einmal, ob es für ihn in Ordnung ist, wenn wir noch ein bißchen wandern. Er sagte uns, dass es ok ist und er es den anderen erklären und eine Alternativtätigkeit für sie suchen würde. Dann drehte er sich um und ging zum Bus zurück. Mit dieser Versicherung von ihm machten wir uns dann auf den Weg zum Wasserfall La Cebolla.
Es tat uns leid für die nicht-wanderwilligen, aber wir mussten unserem Bewegungsdrang folgen und schlugen den Weg zum Wasserfall La Cebolla ein. Der Weg dorthin war matschig und etwas steinig und insgesamt auch länger als 450 Meter. Als wir schon beinahe umkehren wollten, sahen wir das kleine Schild und den Trampelpfad, der rechts hinab führte zu einem kleinen Bächlein. Als wir hinuntergingen und dann in Richtung der fließenden Wasser schauten, sahen wir den kaskadenförmigen Wasserfall. La Cebolla war nicht so imposant wie El Chuveje, aber die zusätzliche Wanderung hatte sich gelohnt.
Wir sahen zu, dass wir zügig wieder zurück gingen, um die anderen nicht zu sehr zu verärgern. Es war eine lohnenswerte Wanderung; schade, dass die anderen warten mussten, aber es wäre Kais Aufgabe gewesen, vorher abzuklären, wer noch etwas wandern möchte und sich dann um ein Alternativprogramm für die anderen zu kümmern. Es kann nicht sein, das wir uns selber unser Programm erkämpfen müssen; wir hätten gerne eine gemeinschaftliche Lösung gefunden, die für alle tragbar gewesen war.
Als wir um die letzte Biegung kamen, stand Kai neben dem Auto und telefonierte. Er würdigte mich keines Blickes. Als ich einstieg und mich entschuldigte, das wir noch ein extra Wanderung unternommen hatten und die anderen deswegen warten mussten, reagierte niemand. Keiner sah mich an, eisiges Schweigen schlug mir entgegen. Einzig Gabi fragte mich, ob wir denn was interessantes gesehen hätten.
Kurz nach mir kamen die anderen Wanderer dazu und stiegen ein. Auch mit ihnen sprach niemand.
Die Rückfahrt nach Jalpan herrschte Schweigen im Bus. Niemand sprach ein Wort, alle schliefen oder sahen aus dem beschlagenen Fenster. Wir schafften die Rückfahrt in knapp 1 1/2 Stunden.
Doch beim Abendessen schien alles schon wieder vergessen zu sein. Es wurde wieder miteinander geredet und gescherzt. An diesem Abend gab es auch endlich ein typisch mexikanisches Mahl, welches ganz schmackhaft war. Danach saßen wir alle noch etwas zusammen und tranken das ein oder andere Glas Bier oder Tee.
Auch Kai kam irgendwann dazu, bestellte sich Tequila und schien sich nicht für die Ereignisse des Tages zu interessieren. Irgendwann drückte er Linda seine Mappe mit den Hotelvouchers in die Hand und meinte, er hätte keine Lust mehr, sich darum zu kümmern. Wir nahmen das zur Kenntnis, weil offensichtlich nicht mit ihm zu diskutieren war. Statt dessen versuchten wir uns die Stimmung und die Vorfreude auf den Rest der Reise nicht verderben zu lassen, denn übermorgen werden wir unseren anderen Reiseleiter bekommen. Auf den freuen wir uns schon.
Hallo ihr Lieben
Schön eure Berichte zu lesen und die tollen Bilder
anzusehen . Ich freue mich schon immer auf den
nächsten Bericht ,nur schade das der Reiseleiter
so chaotisch ist ,aber es kann ja nur besser werden
L.G. Ingrid ( Mama )
Hallo, Ihr Beiden,
Es wird mit dem Kai ja immer bunter. Der nächste kann nur besser werden.
Supertolle Bilder.
Viele Grüße
Helga und Karl