In Anbetracht der Tatsache, das wir heute ein strammes Programm vor uns haben, klingelte unser Wecker um kurz vor 5 Uhr! Wir wollen uns um 6 Uhr 30 auf den Weg zum Crux de Cura machen, dem Kreuz des Kondors. Das ist ein markanter Aussichtspunkt im Colca Canyon, von dem aus man besonders gut die im Canon lebenden 16 Kondore beobachten kann, wenn sie denn gewillt sind, sich zu zeigen. Aber erst einmal gehen wir zum Frühstück hinunter. Dort ist es um diese Uhrzeit ungewöhnlich voll, wir sind anscheinend nicht die einzigen, die an diesem Morgen besonderes vorhaben.
Pünktlich um 6 Uhr 30 fährt unser Bus ab. Wir verlassen die Lodge und fahren in Richtung des Ortes Chivay, wo wir gestern eine längere Mittagspause eingelegt hatten. Dort machen wir einen kleinen Fotostop auf dem Dorfplatz vor der Kirche, denn dort wird von den Jungen und Mädchen der Tanz Witi Witi aufgeführt. Dann geht es aber richtig los.
Der Weg in den Canon hinein ist eine abenteuerliche Schotterpiste. Es ist ein Wunder, das ein Bus dieser Größe auf diesen Straßen unterwegs ist. Wir werden richtig durchgerüttelt. Der Staub der Piste scheint sich langsam durch die Klimaanlage ins Innere zu schleichen.
Auf der Fahrt durch den Canon erhalten wir eine Geschichtsstunde über die Inka-Kultur. Als erstes lernen wir von Ute dabei, das der Begriff Inka eigentlich nur den König eines bestimmten Volkes bezeichnet, und das sehr viel mehr Völker den Canyon bewohnt haben, als allgemein bekannt.
Wir fahren durch ein paar kleinere Dörfer, die einen recht ärmlichen Eindruck machen, unter anderem durch das Dorf Maca, welches unglücklicherweise in einer geologischen Verwerfung erbaut ist. Hinweisschilder am Straßenrand zeigen genau Beginn und Ende dieser geologischen Verwerfung.
Die Landschaft des Canons ist schon sehr interessant, schroffe Felsen ziehen an uns vorüber, gesäumt von endlos scheinenden Terrassenfeldern, die der Bepflanzung der Dorfbevölkerung dienen.
Nach gut 2 Stunden Fahrt erreichen wir den Startpunkt für unsere erste kleine Wanderung zum Crux de Cura. Wir wandern dabei im Canon von einem Aussichtspunkt zum nächsten Aussichtspunkt, immer vor der wunderschönen schroffen Kulisse der Berge, die zum greifen nahe vor uns liegen und dem tief hinab gehenden Canon unter uns.
Der Weg macht einige Biegungen und es ist zunächst nicht genau ersichtlich, in welche Himmelsrichtung wir uns nun tatsächlich bewegen.
Aber von einem Aussichtspunkt sehen wir dann in etwas größerer Höhe einen Felsvorsprung, in dessen Mitte ein Kreuz errichtet wurde. Und durch unsere Ferngläser und Fotoapparate konnten wir auch die Massen von Touristen sehen, die dort oben standen und warteten, das sich die Kondore zeigten. Doch es passierte eine ganze Weile nichts. Plötzlich zeigte jemand gen Himmel in der Ferne und wir sahen die Vögel, die der Gattung der Geier zuzuordnen sind und eine Flügelspannweite von 3m haben. Elegant schwebten sie durch die Lüfte und ließen sich von den warmen Strömungen der Luft treiben. Es war wirklich schön anzusehen, aber zu weit um sie zu fotografieren.
Wir gingen weiter, aber es zeigten sich keine Kondore mehr. Erst als wir dabei waren, wieder in den Bus zu steigen, kamen noch einmal zwei Vögel heraus und zogen ihre Kreise am Himmel.
Dann machten wir uns auf den Rückweg. Nach weiteren Zwischenstops zum fotografieren und einer halbstündingen Pause in Chivay ging es dann im Ort Coparaque auf eine 3 Stunden Wanderung, in deren Verlauf wir auch das Dorf Uyo Uyo besuchen wollen.
Es ist zehn Minuten vor eins als wir die Wanderung beginnen, mitten in der starken Mittagshitze. Ich Idiot habe meine Schirmmütze in der Lodge liegen lassen. Alle anderen sind gut ausgestattet. Hoffentlich hole ich mir keinen Sonnenstich!
Die Wanderung soll mittelschwer sein, geringe Höhenunterschiede sollen zu bewältigen sein, doch ich muß mir eingestehen, das mir die Höhe doch ein wenig zu schaffen macht. Ein leichtes Kopfdröhnen
begleitet mich die ganze Wanderung. Der Weg ist natürlich kein asphaltierter Weg zum Spazieren gehen, wir bewegen uns hier in einem Canyon und wandern auf Pfaden, die lediglich von anderen
Studiengruppen oder den Einheimischen bewandert werden. Die Pfade sind dementsprechend schmal und voller Steine, viele Kakteen säumen unseren Weg. Es ging immer mal ein paar Meter hinauf. Und wir bewegen uns schon auf einer Höhe von 3600m.
Der Weg schlängelt sich ein wenig serpentinenartig hinauf auf eine kleine Anhöhe, so dass wir einen wunderschönenen Blick über die Landschaft haben. Nach einigen Metern geht es wieder etwas abwärts, die Vegetation wird grüner und wir hören das Rauschen von Wasser gegen den Wind ankämpfen. Nach einer leichten Biegung hinab erreichen wir tatsächlich einen kleinen Fluß, der aus dem Gebirge herab fließt. Der Weg scheint zu Ende zu sein, doch da dies ja eher ein Abenteuertrip als ein Spaziergang ist, schaffen wir uns unseren eigenen Weg am Ufer des kleinen Baches entlang und kommen so wieder auf den eigentlichen Wanderweg.
Gegen 15 Uhr erreichen wir das Dorf der Uyo Uyo, eines antiken Volksstammes, der hier einmal gelebt hat. Die Gebäude sind noch gut erhalten. Ute erzählt uns wieder einiges Wissenswertes und historisches über die Bewohner des Dorfes, wir stehen dabei in der prallen Nachmittagssonne und versuchen ihren Worten zu lauschen. Dann geht es weiter. Bis zur Lodge soll es jetzt nicht mehr allzu weit sein. Und tatsächlich können wir bald unsere Bungalows erkennen.
An der Lodge angekommen werden wir von ein paar Lamas überrascht, die es sich auf dem Rasen vor unserer Lodge gemütlich gemacht haben. Nach dem Abendessen um 19 Uhr fallen wir gegen 20 Uhr wieder wie tot ins Bett.