In dem Urwaldhotel in Corozal schlugen die Uhren etwas langsamer. Um sieben sollte das Frühstück verfügbar sein, doch es dauerte noch bis etwa viertel nach 7, bis wir den ersten Kaffee und Tee serviert bekamen. Es gab Rührei mit Bohnenmuß, Toast und Marmelade.
Aufgrund der Verspätung kamen wir dann auch nicht um 8 Uhr los, sondern erst um 8 Uhr 30. Geübt durch fast 14 Tage Busfahrt stiegen wir alle in den Bus, setzten uns auf die mittlerweile angestammten Plätze und schauten während der 40 Minuten Fahrt nach Bonampak aus dem Fenster.
Die Lacandonen sind Ureinwohner, die bis vor wenigen Jahren noch sehr ursprünglich im Regenwald gewohnt haben. Viele von den mittlerweile noch knapp 7000 Lacandonen tragen ein weißes Gewand und einfach Schuhe, als einzige Bekleidung. Man darf nicht ohne weiteres in das Gebiet der Lacandonen eintauchen. Zu diesem Zweck mussten wir in einen anderen Bus umsteigen, der von Lacandonen gefahren wurde. 10 Minuten dauerte die Fahrt über die einfache Urwaldstraße, dann kamen wir gegen viertel nach neun kamen wir an der Ausgrabungsstätte Bonampak an. Das Besondere an Bonampak sind die sehr gut erhaltenen, uralten Wandmalereien und Fresken, die viel von der Geschichte der Mayas erzählen. Die Anlage war nicht sehr groß, sie bestand eigentlich nur aus einer großen Pyramide mit drei kleinen Kammern, in denen die Wandmalereien gut erhalten und geschützt zu besichtigen waren. Thomas hatte auch hier wieder sehr viel zu berichten und brachte uns die Maya-Kultur ein bißchen näher. Wir sahen auch Kinder in weißen Gewändern auf der Anlage, die Lacandonen.
Wieder hieß es, Steinstufen empor zu steigen. Doch dies war kein Erholungsurlaub, sondern eine Aktivreise. Also stiegen wir die Stufen zur Pyramide empor und nahmen in Kauf, dass wir aufgrund des schwülwarmen Wetters schon wieder sehr schwitzten.
Aber es lohnte sich, denn der Blick von oben über die kleine Anlage war sehr schön. Und auch die Wandmalereien, Fresken und Steelen, die ausgestellt waren, boten uns interessante Einblicke in die Schöpfungskraft und Mystik der Maya.
Nach dem etwa 1 1/2 stündigen Besuch von Bonampak stand der Besuch der Lacandonen auf dem Programm. Der Name des Lacandonen, der uns mit in sein Reich nahm, war Elias. Sein Wohngebiet lag am Rand des Regenwalds. Als wir dort ankamen, begrüßte uns als erstes ein farbenprächtiger Ara. Er hockte in einem Baum und schaute schüchtern auf uns hinab.
Elias Frau kam mit einem großen „Babbedeckel“ – Reise-umgangssprachlich für die nach nichts schmeckenden Tortillas, von Jörg erfunden – und hielt dem Ara einen hin. Mit einer seinen Krallen griff er den Tortilla und begann kleine Stücken herauszupicken. Er lies sich von uns nicht beim Essen stören, während wir ihn fotografierten. Elias führte uns an einer großen Hütte vorbei. In dem offenen oberen Teil der Seitenwand hing ein nervöser Brüllaffe, der unentwegt zwischen Strohdach und Wand herumkletterte. Er war angeleint und konnte nicht fort. Nebenan unter einer offenen Dachkonstruktion saß ein zweiter Brüllaffe auf einem Stein, ebenfalls angeleint. Er sah etwas traurig aus.
Elias begann, uns die Pflanzen auf seinem Grundstück zu erklären. Es waren viele nützliche Pflanzen dabei, aber auch viele schöne Blüten. Wir gingen in den Dschungel hinein. Zunächst konnten wir keinen Unterschied erkennen zu einer dichteren Parklandschaft in Europa. Der Weg war gut ausgetreten und breit. Doch bald wurde das Dickicht dichter und die Luftfeuchtigkeit nahm zu.
Immer tiefer ging es in den Urwald hinein, in den Lebensraum von Elias und seinem Volk. Wir erfuhren von ihm, wie sie neue Wege anlegten. Die Machete an seiner Seite war allgegenwärtig. Mit ihrer Hilfe schlugen sie sich Pfade durch das Unterholz, dabei sprühten sie eine Art Kaffeepulver vor sich her, um Schlangen zu vertreiben. Sollte man doch von einer Schlange gebissen werden, so zeigte er uns das Kraut, mit dem man das Gift neutralisieren konnte.
Während wir immer weiter in den Urwald hineingingen, erklärte uns Elias viele Pflanzen und Bäume und sagte uns, was sein Volk damit machte. Viele Heilpflanzen waren darunter. Aus einem besonders harten Baum konnte man Möbel machen, die sehr hart und stabil waren. Allerdings wurden nur wenige dieser Bäume gefällt, da es lange dauert, bis sie nachwachsen. Er gab uns Samen der Pflanze K’even, damit wir diese zu Hause einpflanzten.
Wir kamen zu Wasserfällen.
Sie waren nicht so gewaltig wie Misol Ha oder so groß wie Agua Azul, aber so mitten im Dschungel hatten wir dieses nette Erlebnis nicht erwartet. Das Getöse des herabstürzenden Wassers war aber mindestens genauso laut, wie bei den anderen Wasserfällen. Diese Lichtung vor dem Wasserfall géfiel uns, man hätte hier ruhig etwas Zeit verbringen können.
Es ging weiter durch den Dschungel. Nach wenigen Minuten kamen wir an eine Cenote und kleine Wasserfälle. Hier hätten wir baden können, aber irgendwie war keiner so richtig in Stimmung. Das Wetter hatte dazu eingeladen, es war schwül und warm und eine Erfrischung hätte gut getan. Elias machte sich über so etwas keine Gedanken. Er ging ins Wasser hinunter, entledigte sich seines weissen Gewandes und begann den Wasserfall hinaufzugehen, mit blanken Füssen.
Vollkommen sicher stieg er die Steine hinauf und watete durch das oberste Becken. Sein Gang ähnelte dem eines Affen’s, als wenn er eins wäre mit dem Urwald. Am anderen Ende ging er wieder hinunter und begann im Wasser herumliegende Äste und Sträucher herauszusuchen und an Land zu werfen.
Nach einigen Minuten des überlegens zogen sich Linda und Sebastian noch um und folgten Elias ins Wasser. Mit seiner Hilfe gelang es auch ihnen, die Wasserfälle hinuf zu gehen. Ein paar Minuten verbrachten sie zu Abkühlung im Wasser, dann kamen sie wieder heraus und wir anderen machten uns auf den Rückweg, damit die beiden sich umziehen konnten.
Unser Mittagessen nahmen wir in einem einfachen Restaurant auf dem Lacandonen Gebiet ein, nicht weit entfernt von Elias Hütte. Während wir auf unser Essen warteten und über die Zusatzaktivitäten diskutierten, die eigentlich heute noch auf dem Programm standen, saß Elias am Nebentisch mit einem Laptop und zeigte uns Videos von dem, was man hier machen konnte. Darunter waren Rafting und der Besuch eines Temazcal. Leider stellte sich im Verlauf der Diskussion heraus, dass beides mindestens 2 1/2 Stunden dauerte, das Temazcal sogar vier Stunden, da die Steine dafür 2 Stunden vorgeheizt werden müssten. Es war aber nichts vorbereitet worden, so dass uns zuviel Zeit verloren gehen würde, wenn wir uns dazu entschieden. Also verzichteten wir sechs auf jegliche Aktivität. Hätte man am morgen schon mal erfragt, wer welches Zusatzprogramm machen möchte, dann wäre jetzt nicht der Zeitverlust. So mussten wir auf Dinge verzichten, die unter anderem ausschlaggebend für das buchen der Reise gewesen waren.
Gegen 16 Uhr ging es wieder weiter. Bald wurde es dämmerig und wir wurden müde. Die Sonne, die Wärme und dann das nichtstun machten unheimlich müde, so das viele von uns immer wieder im Bus einschliefen. Es war jene Art von Minutenschlaf, die nicht wirklich erholsamen ist und aus der man sich nur sehr schwer wieder lösen kann. Um kurz vor 19 Uhr kamen wir im dunkeln in Palenque wieder an unserem vorgestrigen Hotel an. Wir wunderten uns über den großen Bus und die vielen Pkws auf dem Parkplatz. Als wir dann hinaufgingen zur Rezeption sahen wir den Grund für die vielen Autos. Eine Hochzeit wurde hier gefeiert. Der Speisesaal wurde hergerichtet und war für uns tabu, ebenso der schöne Pool.
Sibylle, Linda, Kerstin, Sebastian, Jörg und ich standen noch im Eingangsbereich der Rezeption herum und bewunderten die Hochzeitsdekoration, da kam Thomas mit einme Flyer zu uns und sagte, dass es hier auch die Möglichkeit gäbe, ein Temazcal durchzuführen. Nachdem wir einen kurzen Moment darüber nachdachten, entschieden Sibylle und ich, uns hierbei Jörg und Kerstin anzuschließen, die das auf jeden Fall machen wollten.
Das Temazcal ging um 19 Uhr los. Wir gingen schnell auf unsere Zimmer und zogen uns um. Dann machten wir uns auf die Suche nach dem Temazcal, dem Dampfbad der Maya. Dabei trafen wir auf Kerstin und Jörg, die natürlich auch auf dem Weg dorthin waren. Leider war der Weg dorthin nicht besonders gut ausgeschildert, so dass wir etwas hin und her laufen mussten. Dabei kreuzten wir 4 insgesamt dreimal die Hochzeitsgesellschaft, die sich am Pool versammelt hatte und auf die Trauungszeremonie wartete. Beim dritten Mal mussten wir sogar warten, da gerade die Braut von ihrem Vater zum Altar geführt wurde. Es musste für die Hochzeitsgäste komisch ausgesehen haben, wie wir da in unseren Badeklamotten und den Handtüchern standen und warteten.
Um kurz nach 19 Uhr hatten wir vier das Temazcal gefunden. Die Prozedur hatte bereits begonnen. Wir warfen schnell unsere Handtücher auf die bereitstehenden Liegen und reihten und in die Reihe ein, die dort schon stand. Während ich noch schnell meine Brille auf die Liege packte, reihte sich Sibylle in die wartenden Teilnehmer ein. Sie wurde vor mir mit einer Art Schlamm im Gesicht eingecremt, der sich später als Peeling herausstellte. Die anderen 6 Teilnehmer waren am ganzen Körper eingeschmiert, dafür hatte bei uns die Zeit nicht mehr gereicht. Kaum war sie fertig, kam ich dran. Sibylle stand derweil schon vor Francesco, einem jungen Mexikaner, der die Prozedur leitete. In tranceähnlichem Zustand wedelte er mit einer Art Laterne, aus der Dampf empor stieg, vor ihrem Körper herum. Als er fertig war, wurde sie gebeten, in die Steinhütte herabzusteigen. Dann kam ich an die Reihe und die gleiche Prozedur wurde mit mir wiederderholt. Ich stieg anschließend auch in die Hütte und musste meinen Kopf einziehen, um nicht anzustossen. Sibylle hatte sich bereits links des Eingangs aufgestellt. Ich trat dazu und wir warteten auf den weiteren Ablauf. Wir sahen, wie sich Kerstin und Jörg rechts neben den Eingang aufstellten.
Nachdem alle Teilnehmer in der Hütte waren, nahm Francesco Schaufeln entgegen, auf denen heiße Steine lagen. Diese warf er in ein Loch im Boden hinein. Es waren etwa 4-5 Schaufelkippen, dann kam noch ein Eimer Wasser hinzu und anschließend wurden die winzigen Türen verschlossen. Nun herrschte totale Finsternis!
Francesco wollte gerade mit der Prozedur beginnen, da kam der erste Zwischenruf und zwei Personen verließen die Hütte. Sie hatten anscheinend Angst vor der totalen Dunkelheit. Als die Türen wieder verschlossen wurden, setzten wir uns auf den breiten Steinrand und lauschten den Worten von Francesco. Von Zeit zu Zeit wurden seine spanischen Worte ins englische übersetzt, aber die meiste Zeit konnten Sibylle und ich nur ahnen, was passierte oder worum es ging.
Wasser wurde auf die Steine geworfen. Der heiße Dampf stieg unsere Rücken empor und wurde von Francesco mit einem Palmblatt im ganzen Raum verteilt. Unter regelmässigem Singsang vollführte er das uralte Maya Ritual zur Reinigung von Körper und Geist und zum Kontakt mit den Göttern. Obwohl wir nur wenig von dem Ritual verstanden, machten wir mit, so gut es ging. Von Kerstin und Jörg auf der anderen Seite bekamen wir nichts mit, so sehr waren Sibylle und ich in diesem Ritual gefangen.
In vier verschiedenen Stufen wurde das Ritual durchgeführt, stellvertretend für die vier Himmelsrichtungen oder die vier Elemente Feuer, Erde, Wasser und Luft. Mit jeder neuen Stufe wurde die Temperatur um ein paar Grad erhöht. Es war ein sehr anstrengendes, aber tolles Gefühl, Teil dieses Rituals zu sein. Während des Rituals mußte Sibylle immer an jenes Temazcal denken, welches wir in Yaxchilan gesehen hatten. Dort war es bereits zerfallen gewesen und wir hatten noch keine Vorstellung gehabt, was dort drinnen vor sich ging. Jetzt bekamen wir eine genaue Vorstellung, worum es ging. Falls wir es nicht falsch verstanden hatten, betrug die Temperatur der höchsten Stufe unseres Temazcals 50 Grad.
Es war alles sehr friedlich und ruhig in diesem Dampfbad. Man konnte sich vollkommen auf sich und die Wärme konzentrieren. Als es vorbei war und wir hinausgingen, hatte ich befürchtet, dass ich durch den Temperaturunterschied Kreislaufprobleme bekäme. Aber nichts passierte. Wir gingen unter die Dusche, bekamen einen Tee und ein Handtuch gereicht und waren noch ganz faszinert von dem gerade erlebten. Es war eine wirklich tolle Erfahrung und wir waren froh, diesmitgemacht zu haben!
Nach dem Temazcal gingen Sibylle und ich wir schnell auf unsere Zimmer, duschten noch einmal richtig und zogen uns halbwegs frische Kleidung an. Nach 14 Tagen war es schwierig, komplett saubere Oberbekleidung zu finden. So ging es dann in den Speisessal bzw. den Sondersaal, weil die Hochzeitsgsellschaft den Speisesaal belegte. Die anderen aus der Gruppe saßen dort schon und waren gerade beim Essen.
Wir setzten uns dazu, stellten noch ein paar Tische dazu, da Kerstin, Jörg, Linda und Sebastian auch noch kommen wollten, und bestellten dann selber noch eine Kleinigkeit zu essen. Bis nach Mitternacht saßen wir dann noch zu sechst in dem Sondersaal und amüsierten uns bei Bier und Magerita. Es war ein netter und ereignisreicher Abend, nach dem wir dann wieder sehr schnell todmüde ins Bett fielen.
Es ist ja schade, daß immer wieder Dinge nicht stattfinden,die Ihr vorher
ausgesucht hattet. Doch eigentlich hört sich Euer Reiseprogramm sehr
interressant an. Wir hoffen, daß Ihr den Urlaub trotzdem genießt!!!
Liebe Grüße
Helga und Karl