Die letzte Nacht war angenehm kühl gewesen. Wir hatten sehr gut geschlafen und waren ausgeruht für unser heutiges Tagesprogramm. Es lagen einige Aktivitäten vor uns, auf die wir uns mit einem leckeren Frühstück vorbereiteten. Beim Frühstücksbuffett hörte man sehr viele deutsche, holländische und afrikaans klingende Stimmen. Es waren einige größere Reisegruppen darunter, die recht laut waren und die romantische Stimmung ein wenig störten. Aber nichtsdestotrotz genossen wir das Essen.
Gut gestärkt machten wir uns dann nach dem Frühstück auf den Weg zu unserem Tagesausflug. Wir hatten gerade ein paar hundert Meter auf der Landstraße zurückgelegt, da lasen wir im Reiseführer, dass für Twyfelfontein besser festes Schuhwerk angebracht war. Also kehrten wir um und Anke lief schnell auf das Zimmer, um feste Schuhe anzuziehen.
Heute war Sibylle am Steuer und durfte den Linksverkehr und die namibischen Straßen ausprobieren. Bis nach Khorixas auf der C39 war die Straße auch gut. Doch hinter Khorixas fuhren wir dann wieder auf einer Sandpiste. Wir mussten die gleiche Straße bis zum Versteinerten Wald zurücklegen, und dann noch darüber hinaus. Heute hatte Sibylle dann mit dem Sand, den Steinen, den Hubbeln und den unerwartet auftauchenden Senken zu tun. Sie machte ihre Sache sehr gut. Das Fahrzeug vibrierte immer wieder sehr stark, kam aber dank des Allradantriebs auf diesem Untergrund sehr gut voran.
Wir fuhren über die C39, auf die D2612 und die D3254. Der Untergrund änderte sich geringfügig. Kaum dachten wir, jetzt würde es besser werden, kamen wieder tiefe verhärtete Spurrillen, so dass das Fahrzeug so stark vibrierte, dann man richtig auf der Hut sein musste.
Wir fürchteten schon, uns verfahren zu haben, doch dann tauchte mit einem Mal ein größerer Hügel auf der rechten Seite auf und gleichzeitig sahen wir links das Hinweisschild zum ‚Living Museum of the Damara‘.
Wir verließen den klimatisierten Wagen und waren erschrocken über die hohe Außentemperatur. Im Schatten waren es 30 Grad, in der Sonne bestimmt 10 Grad mehr.
Bereits am Eingang wurden wir von einem jung aussehen, auf jeden Fall sehr schmächtigen und kleinem Mann mit einer Art Krone begrüßt.
Jeder zweite Satz endete bei ihm mit den Worten ‚Alles ist wunderbar‘. Er lachte auch sehr viel, war aber insgesamt sehr nett. Wir hatten ja gelesen, dass dieses Museum von Schauspielern betreut wurde. Womit ich nicht gerechnet hatte, war die Originalbekleidung der Schauspieler. Die Männer trugen Lendenschurz, die Frauen auch, aber sonst nichts. Das afrikanische Mädchen, welches das Eintrittsgeld entgegen nahm, war ebenso barbusig, wie die Frau mit dem Baby auf dem Arm, welche gerade ihre Gäste verabschiedete. Wir hatten das zwar auch bei den San in der Kalahari gesehen, aber hier nicht unbedingt so erwartet.
Unser Guide mit der Krone stellte sich als Nicolas vor, im weiteren Verlauf wurde immer klarer, das er sich ein bißchen für Nicolas Cage hielt. Er führte uns durch das Museumsdorf und wir besuchten die Apotheke mit den verschiedenen Kräutern, sahen wie Leder gegerbt wurde, erfuhren wie das Bier der Damara hergestellt wurde und konnten auch eine Tanzvorführung der Dorfbewohner bewundern.
Wir lernten ein Spiel mit Steinen kennen, in welchem unser Guide Nicolas anscheinend sehr gut war, denn er gewann es und hatte sichtlichen Spaß daran, seinen Kontrahenten zu besiegen.
Wir verstanden die Spielregeln nicht ganz, aber das tat dem Spaß an der Sache keinen Abbruch. Zum Abschluss wurde uns gezeigt, wie Feuer gemacht wurde. Nicolas wollte das übernehmen, doch er hatte seine Schwierigkeiten. Im Prinzip hatten wir die gleiche Vorführung schon bei den San gesehen, umso erstaunlicher war es, das Nicolas das Feuer nicht zum brennen bringen konnte. Es kamen noch zwei Damara Männer hinzu, um zu helfen, doch erst nach einigen langen Minuten konnten wir die Glut sehen und dann das daraus entfachte Feuer.
Nach dem Besuch der Damara fuhren wir weiter zu den Orgelpfeifen und dem Verbrannten Berg. Asphaltierte Straßen gab es hier keine mehr, nur noch Sandpisten unterschiedlicher Konsistenz. Bei den Orgelpfeifen, gleich in der Nähe des Verbrannten Bergs gelegen, handelt es sich um bis zu 4m hohe Säulen aus Dolerit, einem grobkörnigen Basalt, die hintereinander angeordnet sind und in ihrer Erscheinung an Orgelpfeifen erinnern.
Die Schlucht, in der dieses Gestein zu finden ist, ist etwa 100 m lang und wir sind sie einmal auf und ab gegangen, dann stiegen wir wieder ins Auto und fuhren etwa 500 m weiter zum Aussichtspunkt auf den Verbrannten Berg. Der Verbrannte Berg ist ein vulkanischer Ausläufer eines 12km langen Vulkankammes, der aussieht, als sei ein verheerendes Feuer über ihn hinweggefegt. Der Berg war schwarz und trat aus dem Vulkankamm heraus, als wäre es ein Stachel. Für uns lag dieser Berg außerhalb unseres Interessengebietes und wir entschieden uns nach ein paar Minuten, weiter nach Twyfelfontein zu fahren, wo interessante Felszeichnungen auf uns warteten.
Die Fahrt dorthin betrug nur wenige Kilometer über die gleiche staubige und sandige Piste, wie schon so oft an diesem Tag. Der Wagen war inzwischen über und über mit feinem Sand bedeckt, die Heckscheibe war schon so zugestaubt, das ein hindurchsehen kaum noch möglich war. Doch wir fanden den Weg nach Twyfelfontein auch so.
Für unser Auto hatten wir einen Schattenparkplatz bekommen und bevor wir losgingen, stärkten wir uns mit Bananen und Kräckern. Dann ging es zur Anmeldung, wir bezahlten und bekamen auch gleich einen Guide vorgestellt. Ihr Name war Winnie, eine junge Schwarzafrikanerin mit einem hervorragenden Englisch, wie man schon bei der Vorstellung hören konnte. Sie erklärte uns, das wir zu 8 seien und ging in den Nebenraum, um die anderen 4 zu begrüßen. Dann ging es auch schon nach draußen aufs Feld.
Die 4 anderen waren Schweizer, die ständig am reden waren und wir fragten uns, was sie eigentlich hier wollten. Großes Interesse für die über 6000 Jahre alten Felsgravuren schien zumindest zu Beginn noch nicht vorhanden zu sein. Doch als wir dann nach einigen Minuten Fußweg über einen langen sandigen Weg endlich die ersten Gravuren auf dem großen Stein sahen, da waren auch die Schweizer interessiert und widmeten sich ebenso wie wir diesen alten Zeichnungen, die laut wissenschaftlichen Untersuchungen wohl von Jägern der San erstellt worden sind.
Nach knapp einer Stunde auf felsigem Untergrund und der Begutachtung von etwa 5-6 besonders gekennzeichneten Gravuren kehrten wir wieder zurück zum Auto. Wir hatten nur eine kleine Auswahl der in diesem Gebirge vorhandenen Gravuren sehen können, das meiste davon war einfach nicht zugänglich für die Öffentlichkeit oder nur auf einem langen Wanderweg zu sehen.
Nach dem Besuch von Twyfelfontein machten wir uns auf den Heimweg zur Damara Mopane Lodge. Da die Landkarte noch eine dünnere und wahrscheinlich schlechtere, aber auch kürzere Alternativroute anzeigte, wählten wir diese für den Heimweg. Vielleicht hatten wir ja Glück und wurden nicht so durchgeschüttelt.
Tatsächlich war der Rückweg mindestens genauso interessant wie der Hinweg. Wir fuhren über Straßen, die so klangvolle Bezeichnungen wie D3254, D2612, D2528 oder C39 hatten und doch in der Regel nichts anderes waren als festgefahrener oder festgedrückter Sand mit mal kleineren und ab und zu größeren Steinen auf der Straße. Von den Autofahrern wurde hier immer höchste Aufmerksamkeit verlangt. Das Plätten des Straßenbelags hatten wir im übrigen einige Male in Aktion erlebt. Es gibt hier in Namibia – und wahrscheinlich auch in anderen Ländern Afrikas – spezielle Fahrzeuge, die mit einer Art Messer den Sand durchpflügen und gleichzeitig glätten. Dadurch werden die harten Spurrillen beseitigt und kleinere Fahrzeuge wie unser Toyota kommen wieder besser voran.
Die Landschaft wurde auf der Rückfahrt sehr abwechslungsreich. Viele Hügel und kleinere Berge erhoben sich aus der trockenen Buschsavanne, dazwischen die rotglühende Erde Namibias. Wider Erwarten war die Straße insgesamt in einem besseren Zustand als auf dem Hinweg und wir waren in einer halben Stunde weniger Fahrzeit in unserer Lodge.
Nachdem wir uns kurz akklimatisiert hatten, ging es dann wieder zum Sundowner Walk auf die Aussichtsplattform. Leider war es an diesem Abend etwas weniger romantisch, da zwei größere Reisegruppen angekommen waren und unentwegt auf Afrikaans oder Holländisch schnatterten. Für die untergehende Sonne hatten diese meist älteren Herrschaften kein Interesse. Doch wir versuchten uns dadurch nicht irritieren zu lassen und genossen den Sonnenuntergang.