16.09.2012 – Fahrt nach Swasiland

Wir erwachten bei Regen. Es hatte die ganze Nacht durchgeregnet, am Morgen näherte sich sogar ein Gewitter, der rollende Donner kam langsam immer näher. Doch das war an diesem Morgen nicht ganz so schlimm, denn die nächsten Stunden waren wir im Bus unterwegs nach Swasiland.

Im Frühstücksraum ist es heute sehr voll. Gestern abend war eine Gruppe von Portugiesen angekommen, die heute zum Teil auch schon im Frühstücksraum dabei sind. Dadurch sind die schwarzen Kellnerinnen und Kellner, die meisten sehen sowieso aus wie 15 bis 20 Jahre, ein wenig überfordert. Wir lassen uns aber nicht stressen und genießen das Frühstück. Pünktlich um 8 Uhr 30 brechen wir bei stärker werdendem Regen auf und verlassen die Casa do Sol im kleinen Regenwald.

Die Fahrt nach Swasiland führt uns heute zunächst ein Stück auf der R40 Richtung White River. Angelika nutzt wie immer die Zeit im Bus sinnvoll und versucht uns auf unseren kurzen Besuch in Swasiland vorzubereiten. Wir vier Norderstedter hätten uns niemals träumen lassen, irgendwann einmal nach Swasiland zu kommen. Ich persönlich wußte bisher gar nichts über das Land zwischen Mosambik und Südafrika. Doch diese Lücke wird von Angelika geschlossen.

Wir werden nach Ezuweni fahren, was übersetzt Tal der Sonne bedeutet. Unsere Hoffnung ist, dass sich das Wetter bis dahin an die Namensgebung hält und endlich wieder etwas mehr Sonne zu sehen ist, als die letzten Tage.

Während wir die Gegend um Hayziview verlassen, passieren wir ein Homeland und sehen wieder die vielen halbfertigen Häuser links und rechts der Straße. Angelika hatte zwar schon davon gesprochen, aber sie macht uns nochmal deutlich, dass so ein Hausbau in Südafrika sich oft über einige Jahre hinzieht. Die jungen Männer arbeiten in der Stadt und schicken Geld nach Hause, so dass wenn genügend Geld zusammengekommen ist, neues Baumaterial gekauft und am Haus weitergearbeitet werden kann. Das passiert natürlich nicht so kontinuierlich wie bei uns, aber die Südafrikaner haben einen Weg gefunden, damit zu leben und sich auf ein angenehmes Leben im eigenen Haus im Alter zu freuen.

Angelika beginnt damit, uns auf die Zulus vorzubereiten. Auf ihre mittlerweile unverkennbare Art schweift sie dabei gerne immer wieder ab und beginnt von Nebenschauplätzen zu berichten, so dass wir manches Mal den roten Faden verlieren. Sie ist eine liebenswerte Person, aber manchmal etwas zu chaotisch in ihrer Art. Ich wundere mich schon ein wenig wie sie es schafft, eine Reisgruppe zu organisieren und im Zaum zu halten. Bisher hat ja alles super geklappt. Auch sehr auffällig ist Angelikas Sprachmix. Dadurch, dass sie in Südafrika aufgewachsen ist und sowohl Afrikaans als auch Englisch und Deutsch spricht, vermischt sie manches Mal ein paar Ausdrücke und kommt nicht immer gleich auf die einfachsten Wörter.

Irgendwie schafft sie es aber immer wieder, zum Kern der Geschichte zurückzukommen, auch wenn wir uns schon lange verloren geglaubt haben. So auch dieses Mal, wo sie uns ein wenig von den Bräuchen der Zulus bzw. auch ein paar anderer afrikanischer Stämme berichtet. Sie erinnert uns an die beiden Frauen, die wir in Pilgrims Rest gesehen hatten, die Ringe um die Hälse getragen haben. Im Volksmund wurden diese Frauen früher Giraffenfrauen genannt. Kein schöner Ausdruck. Sie gehören zum Stamm der Ndebele und wir hören, dass die erste Frau eines Ndebele Mannes einen Ring aus Gras bekommt. Jeder weitere Ring wird aus Kupfer gefertig. Bei den Ndebele bekommen nur die ersten Frauen die Ringe um den Hals, und zwar für jede weitere Nebenfrau eines Mannes kommt ein weiterer Kupferring dazu. Da frage ich mich, wird so der Reichtum eines Ndebele Mannes abgelesen, an der Anzahl der Ringe seiner Hauptfrau? Seltsame patriarchachisch Riten und Gebräuche.

Wie gesagt, Angelika schafft es irgendwie, immer wieder auf den Kern der Dinge zurückzukommen. Sie findet auch irgendwann wieder zu den Zulus zurück. Wir erfahren also, wie die Bräuche beim Werben und Heiraten sind, hören von ihr, worum es sich ei dem Wort Lebola handelt. Das ist nichts anderes als eine Mitgift, die auch heutzutage bei den Zulus nicht mehr in Rindern, sondern in Sachwerten oder Geld gezahlt werden kann und die bei der Scheidung wieder zurückgegeben werden muß. Wir hören in sehr ausführlicher und auch etwas zu detaillierter Beschreibung, wie die jungen Männer früher abgehärtet wurden und den Ritus des Mannes erhielten und sich endgültig vom Kind sein verabschieden. Von nun an wird jede Ihrer Handlungen eine Konsequenz haben und nicht als Streich oder Dummheit belächelt. Dieser Übergang geschiet durch die Beschneidung oder bei anderen Stämmen durch besonders harte Prüfungen wie etwa das Laufen über Dornenbüsche. Aber auch die ganze Vorbereitung auf das Mann-sein wird deutlich beschrieben, vom Zusammenkommen der jungen Männer und dem Abstecher in die Wildnis, das bauen und Leben in einer Hütte zusammen mit dem Ältesten Mann des Stammes, der den jungen Männern die Manieren und das Erwachsensein lehrt. Und am Ende der Unterrichtung wird die Hütte verbrannt und die jungen Männer begeben sich nackt zum Fluß und erhalten dort neue Kleidung. Nun sind sie Männer, sind Krieger.

Mittlerweile sind wir in Malelane angekommen. Wir passieren ein paar wunderschöne Schirmakazien, wie wir sie hier in Südafrika immer wieder zu Gesicht bekommen haben. Dann geht es vorbei an Papaya Feldern, Pampelmusen und Zitronenplantagen. Und immer wieder mischt sich auch ein Zuckerrohrfeld dazwischen.

Dann fahren wir durch das Krokodiltal am Krüger Park entlang. Die Wolken und der Nebel hängen sehr tief und es wird kälter. Wir würden gerne die Heizung im Bus anmachen, aber dafür sind diese Reisebusse hier in Südafrika nicht wirklich vorgesehen. So können wir nicht anders als uns wärmere Sache anzuziehen und abzuwarten, bis es wärmer wird.

Als wir das Krokodiltal passieren kommen wir vorbei an einer riesigen Zuckerrohrplantage. Die Gegend um Malelane ist bekannt für ihren Zucker. Während wir die Felder passieren, berichtet Angelika wie Zuckerrohr geerntet wird und woran man erkennt, dass es bereits zu spät ist, den Zucker zu ernten. Das ist nämlich dann der Fall, wenn am oberen Ende des Rohres eine Blume wächst, dann hat das Rohr bereits seine ganze Kraft verbraucht.

Gegen 10 Uhr 50 verlassen wir die Autobahn und fahren ab auf die R570. Um 11 Uhr 30 erreichen wir die Grenze nach Swasiland. Das Land ist kleiner als der Krüger Nationalpark und hat eine Fläche von etwa 17000 Quadratkilometern. Obwohl das Land so klein ist, geht die Zollabwicklung unheimlich schnell vorbei. Die Zollbeamten auf der Swasi Seite sind außerordentlich freundlich und knallen und freundlich lachend den Stempel in unsere Pässe.

Kaum sind wir auf Swasi Seite wieder in den Bus gestiegen und auf dem Weg zu unserer Lodge, da beginnt Angelika wieder etwas zu erzählen. Sie berichtet von den Riten bei der Suche nach einem neuen König und den Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen. Es gibt derer 3:
1. die Mutter des zukünftigen Königs muß aus einer guten Familie stammen
2. Die Frau darf nur einen Sohn haben
3. Der junge Mann darf zum Zeitpunkt der Krönung nicht verheiratet sein
Diese Bedingungen klingen nicht allzu kompliziert. Das ist die Theorie, die alten Sitten. Doch Angelika berichtet neben dem Reed Tanz, der der Brautfindung dient und mit Jungfrauen zwischen 15 und 35 Jahren durchgeführt wird, auch von den moderen Problemen und deren Lösung, die so ein König bei der Brautsuche hat.

Der aktuelle König ist bei seinem Volk außerordentlich beliebt, obwohl er ein richtiger Hallodri und Geldverschwender zu sein scheint, der lieber seinen Frauen neue Autos kauft, als sein Land zu unterstützen und Schulen und Waisenhäuser zu bauen. Die Regierung und das Parlament in Swasiland haben keine richtige Machtbefugnis denn der König kann für alles sein Vetorecht einlegen und Entscheidungen rückgängig machen. Angelika gibt uns ein paar Zeitungsausschnitte zu lesen, die den aktuellen König beschreiben und zeigen, was sein Volk von ihm hält. Die meisten unterstützen den verschwenderischen Lebensstil des König.

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Unser Hotel in Swasiland sieht sehr schön aus. Nebenan liegt eine Golfanlage. Das Hotel scheint alt zu sein, denn die ein oder andere Ecke ist etwas renovierungsbedürftig, aber insgesamt macht das Hotel einen schönen Eindruck. Wir vier Norderstedter gehen noch kurz zum knapp einen Kilometer entfernten Kunsthandwerkermarkt, der doch sehr touristisch aufgemacht war. Kaum sind wir dort angekommen, beginnt es heftig zu regnen.

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Nun haben wir genug Zeit, in aller Ruhe die Stände in Augenschein zu nehmen. Doch es gibt nichts, was uns vom Hocker reißt. Wir sind froh, als der Regen nachläßt und schließlich aufhört, so dass wir zu Fuß zurück zum Hotel können. Wir sind gerade richtig, um noch in Ruhe zu duschen, dann geht es auch schon zum Abendessen. Als wir in das Restaurant kommen und uns nach kurzer Bestellung der Getränke zum Buffett vorwagen, sind wir zunächst sehr überrascht, was für eine Auswahl an Speisen uns hier präsentiert wird. Gerade hier in Swasiland hätten wir dieses Angebot nicht erwartet. Und es schmeckt insgesamt auch sehr lecker.

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