Wir verlassen das Haus um zehn vor 12. Sibylle hat seit Tagen immer mal wieder ein paar Bauchschmerzen, weil Sie wegen unserer Reise nach Tibet doch etwas aufgeregt ist. Dabei muß man sagen, dass wir für diese Reise extrem gut vorbereitet waren und schon früh mit dem zusammensuchen der Sachen für die Koffer angefangen haben. So konnten wir einigermaßen sicher sein, nichts wesentliches zu vergessen.
Aber so eine Fernreise, wie wir sie nun einmal gerne unternehmen, um etwas von der Welt und anderen Kulturen kennenzulernen, ist immer etwas ganz besonders und erfordert sowohl körperliche als auch geistige Vorbereitung. Die Aufregung, die sich dabei einstellt, empfinden wir auch auf eine unbestimmbare Art und Weise als schön und notwendig. Trotz der Tatsache, dass wir schon einiges von der Welt gesehen haben, empfinden wir es als wichtig, dass das Reisen nicht zur Normalität wird und uns so die Vorfreude und auch das Interesse abhanden kommt.
Tibet als Reiseziel ist ja nun auch etwas besonderes. Wir haben auch schon Indien, Peru und China gesehen, das waren auch ganz besonders schöne Reisen, und Galapagos war etwas vollkommen fantastisches, aber wenn man mit anderen Leuten redet und erwähnt, das man nach Tibet in den Urlaub fährt, ruft das bei den meisten Menschen Erstaunen und Bewunderung hervor.
Pünktlich fuhr unsere U-Bahn in den Bahnhof ein und brachte uns sicher und pünktlich zur Station Stephansplatz, wo wir nach kurzer Suche auf Martina trafen, die ihrerseits schon nach uns Ausschau gehalten hatte. Wir gingen hoch zu unserem Abfartgleis und trafen dort auf Michi, der schon wartete. Bis zur Einfahrt des ICE nach Frankfurt waren es nur noch ein paar Minuten, aber die Zeit reichte noch, um sich einen Latte Macchiato zu kaufen. Mit dem Latte in der einen Hand und dem Koffer an der anderen Hand hinterherziehend gingen wir ans Ende des Bahnsteigs, wo unser Waggon halten sollte. Wenige Minuten später kam der ICE dann auch angefahren und es stellte sich heraus, dass wir leider zu früh stehengeblieben waren. Mindestens 3 weitere Waggons befanden sich zwischen uns und unserem Waggon mit der Nummer 1. Also beschleunigten wir die Schritte, immer noch den Latte in der einen und den Koffer in der anderen Hand, und versuchten bis Waggon 1 vorzupreschen.
Wir gingen zu unseren Plätzen und machten es uns dort bequem. Der Zug war noch ziemlich leer, viele Abteile waren nicht belegt und auch im Großraumwagen waren etliche Plätze leer.In Hannover, das erzählte Martina, würden vielleicht Rita und Frank zusteigen. Und so war es auch. Es waren nur ein paar Minuten nach Abfahrt in Hannover, als Rita zu uns in den Waggon kam und sich zu Martinas Platz stellte und sie und Michi begrüßte. Da wir in ihren Rücken saßen, konnte sie uns noch nicht sehen. Irgendwann bemerkte sie dann, dass da ja noch andere Personen saßen, und als sie uns erkannte, war sie schon ziemlich aus dem Häuschen. Wir klönten eine Weile und dann ging sie zurück zu Frank, der dann ebenfalls nach einiger Zeit zu uns an den Platz kam. Er war nicht ganz so erstaunt wie Rita, fast so, als hätte er es gewusst, dass wir auch mit dabei sind.
Die Fahrt verläuft ziemlich lustig und kurzweilig, aber ohne größere Vorkommnisse, wenn da nicht der Aufenthalt kurz vor Göttingen wäre. Der Zug war nicht mehr weit von Göttingen entfernt gewesen, das blieb er plötzlich auf offener Strecke stehen. Der Schaffner meldete sich nach wenigen Minuten und erklärte, das sich im Bereich des Bahnhofs Göttingen Personen im Gleisbett aufgehalten haben. Bis dieser Vorfall geklärt waren, waren 20 Minuten vergangen. 20 Minuten, die wir jetzt zu spät waren.
Wir kamen aber noch rechtzeitig in Frankfurt an und suchten das Terminal, wo die anderen auf uns warten würden. Die Überraschung und Begeisterung bei den anderen beiden Paaren war schon sehr groß, Winnie und Uwe sind fast ausgeflippt, als sie Sibylle gesehen haben, aber auch Vera und Gabi haben sich sehr gefreut. Herr Hue hat wirklich dicht gehalten.
Gemeinsam geben wir unsere Koffer auf und erfahren, dass die Maschine komplett ausgebucht ist und die ganzen heimfliegenden Chinesen bereits eingechekt sind und die besten Plätze in der Maschine haben. Wir bekommen nur noch Einzelplätze über die Maschine verteilt.Immerhin schafft der Mann am Schalter es, das wir immer hintereinander sitzen können. Sibylle und ich haben dann aber Glück, denn eine junge Chinesin erklärt sich bereit, ihren Platz mit mir zu tauschen, so dass wir nebeneinander sitzen könne.
Mit einer Stunde Verspätung starten wir dann nach Peking. Die Sitze sind sehr eng. Überhaupt ist es unbequem in diesem Flieger. Dann müssen wir sehr lange auf unser Abendessen warten. Es scheint so zu sein, dass eine der Stewardessen vergessen hat, rechtzeitig weitere Essen warm zu machen, denn wir bekommen uns Essen erst, als die neben uns bereits fertig sind. Die entsprechende Stewardess wird von ihrer Vorgesetzten ganz schön zusammengefaltet.